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Aktueller Überblick über Entwicklungen von KI-gestützten Lösungen in der Radiologie

In den letzten Jahren hat die Künstliche Intelligenz (KI) enorme Fortschritte in verschiedenen Bereichen erzielt. Insbesondere in der Medizin hat KI das Potenzial, bahnbrechende Veränderungen herbeizuführen. In der Radiologie, einem Fachgebiet, dessen Kernaufgabe die Interpretation von medizinischen Bilddaten ist und ein Fach, das früh den Weg in die Digitalisierung gefunden hat, zeigt, wie KI-Anwendungen bereits erfolgreich eingesetzt werden.

In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die verschiedenen Möglichkeiten, wie KI die Radiologie revolutioniert und welche Auswirkungen dies auf die Patientenversorgung hat.

1. KI-Lösungen in der Bildakquisition:

Schon bei der Bilderstellung kann der Einsatz von KI Vorteile bringen. Durch die Analyse von Bildern können Algorithmen Rauschen reduzieren, Kontraste verbessern und Bilder rekonstruieren, um eine bessere Sichtbarkeit von Geweben und Organen zu ermöglichen. In der Computertomographie (CT) kann auf diese Weise die Strahlenbelastung durch Röntgenstrahlen auf ein Minimum reduziert werden, da nicht mehr alle Bildpunkte gemessen werden müssen, sondern einzelne Bildpunkte berechnet werden können, um ein vollständiges Bild des Patienten zu erhalten. In der Magnetresonanztomographie (MRT) kann die verhältnismäßig lange Liegedauer im Scanner reduziert werden, da auch hier mit statistischen Methoden Bildpunkte berechnet werden können. So ergibt sich eine kürzere Untersuchungszeit für Patient*innen und mehr Patient*innen können in der gleichen Zeit untersucht werden.  

2. KI-Lösungen in der Bildnachverarbeitung

KI-Algorithmen können in der Bildnachverarbeitung gewisse Aufgaben übernehmen, die früher von menschlicher Hand durchgeführt werden mussten. In der Regel wird der Durchmesser oder das Volumen von Tumoren in den Bildern ermittelt, um im Rahmen von Verlaufskontrollen zu sehen, ob der entsprechende Tumor größer oder kleiner geworden ist. Diese sogenannte Segmentierung kann von KI-gestützten Algorithmen übernommen werden und erspart der Radiolog*in mühevolle Arbeit. Eine besondere Rolle spielt die Segmentierung, wenn anhand der Bilder eine Therapie wie z.B. eine Bestrahlung geplant wird: dafür muss die Segmentierung besonders sorgfältig und genau erfolgen, damit gesunde Nachbarorgane von der Bestrahlung verschont werden. KI-Algorithmen können auch nützliche Beschriftungen oder Kennzeichnung anatomischer Merkmale in den Bildern vornehmen, indem sie diese Aufgabe von vielen anderen, von Menschenhand markierten (annotierten) Bildern erlernt haben.

3. KI-Lösungen in der Bildinterpretation (Entscheidungsunterstützungssysteme)

Die Bildinterpretation ist das Herzstück der diagnostischen Radiologie, wobei man diese Aufgabe in zwei Schritte zerlegen kann: Die Identifikation des Befundes und die Interpretation des Befundes.

Die Identifikation eines Problems oder einer Erkrankung kann eine große Herausforderung darstellen, wenn man bedenkt, dass manche Ganzkörper-Scans bis zu 10.000 einzelne Schichten enthalten und die Erkrankung nur auf wenigen einzelnen Schichten zu erkennen ist. Hier können KI-Algorithmen helfen, die relevanten Schichten oder Regionen zu identifizieren und für die befundende Ärzt*in markieren. Man hofft, so schnellere Befunde erstellen zu können und insbesondere in Momenten der hohen Arbeitsbelastung und in Nacht- und Wochenendschichten die Radiolog*innen so entlasten zu können. Zudem gibt es KI-Algorithmen die eine sogenannte Triage vornehmen: Aufgrund der Personalknappheit bei medizinischen Personal kann es sein, dass die Radiolog*in für viele Untersuchungen von sogar mehreren Scannern gleichzeitig verantwortlich ist und es schwierig ist, über akute Befunde den Überblick zu bewahren. Bei der Triage werden Patient*innen, in deren Bildern eine akute Erkrankung identifiziert wurde, in der Arbeitsliste als dringlich markiert und so die Aufmerksamkeit der Radiolog*in auf eine priorisierte Befundung gelenkt.

Der andere Schritt ist die Interpretation des radiologischen Befundes: Handelt es sich um eine Entzündung oder einen gutartigen Tumor? Oder ist der Tumor sogar bösartig? Diese Interpretation des Befundes kann recht schwierig sein und verlangt in der Regel viel Erfahrung der Radiolog*in. Zudem entscheidet der entsprechende radiologische Befund dabei maßgeblich über den weiteren Weg des Patienten. Befunde, die viele Verdachtsdiagnosen äußern oder lediglich beschreiben, ohne die Erkrankung beim Namen zu nennen, sind am Ende nicht hilfreich für den Patient*innen. KI-Algorithmen sind in der Lage, bestimmte Erkrankungen zu diagnostizieren, wie z.B. Blutungen oder Schlaganfälle im Gehirn. Dabei können sie auf eine große Anzahl an Bildmerkmalen zurückgreifen, die für das menschliche Auge nicht immer sichtbar sind, sogenannte Radiomics.    

Viele dieser KI-basierten Lösungen zielen darauf ab, einen bestimmten Arbeitsschritt den Radiolog*en abzunehmen oder medizinisches Personal in bestimmten Fällen gar nicht mehr zu benötigen. Daher wird von den regulierenden Behörden besonders darauf geachtet, dass diese KI-Lösungen und Produkte einer besonderen Sorgfalt unterliegen und nur wenn sie tatsächlich gut funktionieren, kann eine solche Lösung ein zertifiziertes Medizinprodukt werden, welches auch Eingang in den klinischen Alltag findet.

Die enormen Fortschritte in der Entwicklung von KI-Lösungen in der Radiologie ging sogar soweit, dass der berühmte britische Mathematiker Geoffrey Hinton (britischer Informatiker, Turing Award Preisträger) im Jahre 2016 gesagt hat: ‘Wir sollten jetzt aufhören, Radiologen auszubilden. Es ist einfach völlig klar, dass Deep Learning in fünf Jahren besser sein wird als Radiologen’.

Diese Entwicklung ist nicht eingetreten, sogar das Gegenteil ist der Fall: Die Arbeitsbelastung der Radiolog*innen hat sich seither häufig verdoppelt oder sogar verdreifacht.

Den Ansatz mit KI-Lösungen Radiolog*innen nicht ersetzen zu wollen, sondern zu unterstützen, verfolgt das vom Digital Health Accelerator des BIH/Charité geförderte Projekt RadioEye (www.radioeye.com). RadioEye bietet Radiolog*innen eine KI-Lösung zur Bildsuche in einer kuratierten Datenbank an. Diese Datenbank hilft den Radiolog*innen, wie ein erweitertes Gedächtnis, bei ungewöhnlichen oder seltenen Befunden eine bestimmte Erkrankung genauer einordnen zu können. In einigen Fällen könnte durch einen genaueren radiologischen Befund so auf eine Gewebeprobe (Biopsie) verzichtet werden.

Zusammenfassung: Der Artikel gibt einen Überblick über die Entwicklung von KI-gestützten Lösungen in der Radiologie. KI wird bereits erfolgreich in der Bildakquisition eingesetzt, um die Bildqualität zu verbessern und beispielsweise die Strahlenbelastung für Patient*innen zu reduzieren. In der Bildnachverarbeitung übernehmen KI-Algorithmen Aufgaben wie die Tumorsegmentierung und die Kennzeichnung anatomischer Merkmale. Zudem unterstützen KI-Lösungen in der Bildinterpretation bei der Identifikation von Befunden und der Diagnose bestimmter Krankheiten. Das übergeordnete Ziel ist, Radiolog*innen zu entlasten und die Patientenversorgung zu verbessern, wobei darauf geachtet werden muss, dass diese KI-Lösungen sorgfältig entwickelt und zertifiziert werden.

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